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Traditionell einzigartig

Frankens Immaterielles UNESCO-Welterbe

Wie bemisst man den Stellenwert einer Tradition? Wie kostbar ist menschliches Können? Und wie wertvoll ist Wissen? Bei diesen Fragen bietet die Deutsche UNESCO-Kommission mit ihrer Liste des Immateriellen Welterbes eine hervorragende Hilfestellung. Vor allem steckt diese Liste voller fränkischer Überraschungen auf Festplätzen und in Museen genauso wie in Gärten, auf freier Flur oder sogar mitten im Wald.

In der grünen Mitte

Genau solch ein besonderer Wald findet sich in Iphofen im Fränkischen Weinland, der zum Immateriellen Welterbe „Kulturformen der Nutzung bäuerlicher Gemeinschaftswälder im Steigerwald und angrenzenden Regionen“ zählt. Schon seit dem 18. Jahrhundert gilt im Iphöfer Stadtwald folgende Regel: Bürger:innen, die innerhalb der Iphöfer Stadtmauer wohnen und eine Feuerstelle besitzen, haben das Recht, Unterholz einer zugelosten Laube zu nutzen. So wird dort im Abstand von etwa 30 Jahren das Unterholz der Eichen und Hainbuchen als Brennholz eingeschlagen, während das Oberholz geschont wird. Auf diese Weise entstand der sogenannte Mittelwald, der sich durch seinen enormen Reichtum an unterschiedlichen Strukturen auszeichnet. Seine verschiedenen „Stockwerke“, Baumhöhlen und sein Totholz sind die Heimat vieler bedrohter Tier- und Pflanzenarten.

Was genau es mit dem Iphöfer Wald auf sich hat, vermitteln vor Ort der Mittelwald-Informationspavillon und ein Schaumittelwald. Wer noch tiefer ins Thema eintauchen möchte, wandert den etwa drei Kilometer langen und besonders für Familien mit Kindern geeigneten Naturerlebnisweg „Mittelwaldweg“ (www.iphofen.de/natur/wald-wiesen/mittelwald-info.html).

Schrumpelige Vitaminbombe

Die Bäume des Steigerwalds tragen noch ein weiteres Immaterielles Welterbe: die Fatschenbrunner Hutzeln. So heißen die Birnen, sobald sie im zur Gemeinde Oberaurach gehörenden Dorf Fatschenbrunn zu Dörrobst verarbeitet wurden. Früher waren sie in ihrer Heimat ein wichtiger Bestandteil des winterlichen Speiseplans. Heute ist die einstige Notnahrung eine aromatische Delikatesse, die auf einem Fatschenbrunner Hof auf traditionelle Weise hergestellt wird: Dafür werden die Birnen auf spezielle Gitter – auch Därrhärrli genannt – verteilt, die wie Backbleche in eine holzbeheizte Darre geschoben werden. Dort trocknen die Birnen mit Stumpf und Stiel mehrere Tage bei 60 Grad. Und Frucht ist hier nicht gleich Frucht: Schließlich gedeihen in Fatschenbrunn etwa 30 alte Birnensorten an 169 Birnbäumen (www.steigerwaldtourismus.com/entdecken/genussorte/fatschenbrunn).

Gewachsene Tradition aus der Gärtnerstadt

Für reiche Ernte sorgt im Steigerwald außerdem Bamberg, wo der „innerstädtische Erwerbsgartenbau“ in der einzigartigen Gärtnerstadt als Immaterielles Kulturerbe geadelt wurde. Mit ihren weiten, freien Räumen prägt sie bis heute das Bamberger Stadtbild. Hinter großen Hoftoren wachsen regional, saisonal und nachhaltig Blumen, Stauden, Bäume, Sträucher, Kräuter, Obst und Gemüse – etwa Bamberger Spitzwirsing oder die Kartoffelsorte Bamberger Hörnla.

Verbunden mit diesem seit Jahrhunderten betriebenen Gartenbau sind lebendige Traditionen und Bräuche. Das umfasst nicht nur die Lebens- und Arbeitswelt der Bewohner:innen, sondern auch ihre charakteristischen Bau- und Wohnformen, religiöse Rituale, eine eigene Festtagstracht oder aus dem Dialekt entstandene Begriffe für Werkzeuge, die in ihrer Form ebenfalls einzigartig sind. All das vermittelt ein Besuch im Gärtner- und Häckermuseum – natürlich mit Museumsgarten – oder ein Spaziergang auf dem beschilderten Rundweg samt Aussichtsplattform. Der „Tag der offenen Gärtnerei“ am 27. April 2025 bietet dafür eine hervorragende Gelegenheit (www.bamberg.info/gaertnerstadt).

Wertheim macht blau

Franken hat neben einem ausgesprochen grünen auch einen blauen Daumen. Dafür geht es ins Liebliche Taubertal nach Wertheim und damit in eine Stadt, in der einst der Tuchhandel eine große Rolle spielte. Es gab zahlreiche Tuchmacher, Schneider, Weber und Färber, die die Stoffe einfärbten oder im aufwändigen Blaudruckverfahren veredelten. Eben dieser Blaudruck gehört zum Immateriellen Kulturerbe. Wie mit teils jahrhundertealten Modeln das weiße Muster beim Färben auf Leinen, Baumwolle oder Seide kommt, vermittelt das Grafschaftsmuseum in Wertheim. Die Besucher:innen können (nach Voranmeldung) auch selbst blau machen: mit historischen Blaudruckmodeln aus zwei lokalen Färbereien (www.grafschaftsmuseum.de/abteilung/blaudruck-blaumachen-im-grafschaftsmuseum).

Gemeinsame Sache auf dem Acker

Nicht ums Färben, aber dafür ums Markieren geht es beim Immateriellen Kulturerbe der Osingverlosung, die erneut in den Steigerwald führt. Die Freimarkung Osing bezeichnet gemeinschaftlich besessene Äcker in den Dörfern Humprechtsau, Krautostheim, Herbolzheim und Rüdisbronn – 264 Hektar groß und damit der größte Gemeinschaftsbesitz in Europa. Am 8. Mai 1465 wurde der Osing erstmals urkundlich erwähnt: Nur hier hat sich die mittelalterliche Rechtsform der Allmende im deutschsprachigen Raum bis heute erhalten.

Alle zehn Jahre, zuletzt 2024, werden die Äcker unter den Bäuerinnen und Bauern der Dörfer bei einer festlichen Verlosung aufgeteilt. Ein ausgeklügeltes System stellt sicher, dass fruchtbare und weniger geeignete Felder gerecht zugewiesen werden. Um mehr über diese Tradition zu erfahren, braucht man aber nicht bis 2034 zu warten: Zusammen mit dem Naturpark Steigerwald hat der Verein zur Osingdokumentation zwei Rundwanderwege mit rund 12 und zehn Kilometern Länge angelegt, die am Osinghaus starten und enden. Eine Ausstellung über die Geschichte der Osingverlosung und über die besondere Flora und Fauna der Gemarkung findet sich im Osingmuseum, das im alten Schulhaus in Herbolzheim zu Hause ist (www.osingverein.dewww.steigerwaldtourismus.com/wandern).

Freudenfest auf dem Plan

Weit zurück in die Geschichte führt auch das nächste Immaterielle Kulturerbe Frankens. Jeden ersten Sonntag im September wird in Gochsheim und Sennfeld das Friedensfest gefeiert. Diese beiden benachbarten Dörfer im heutigen Fränkischen Weinland waren einst reichsfreie Dörfer – und verfügten damit über die Glaubensfreiheit sowie eine eigene Gerichtsbarkeit. Der Dreißigjährige Krieg allerdings brachte den protestantischen Dörfern nicht nur Seuchen, Truppendurchzüge, Plünderungen, Brandschatzungen und Zerstörung, sondern auch den Verlust ihrer Reichsfreiheit und damit die erzwungene Rückkehr zum Katholizismus. Erst nach Ende des Kriegs erhielten die Dörfer 1649 ihre Reichsfreiheit und das Recht auf freie Ausübung des protestantischen Glaubens zurück. Genau dies wird seitdem Jahr für Jahr mit dem Friedensfest gefeiert, das zeitgleich mit der mehrtägigen Kirchweih stattfindet. Vor allem die Plantänze, also die Tänze in fränkischer Festtagstracht auf dem Plan genannten Kirchplatz, sind besonders beeindruckend (www.sennfeld.dewww.gochsheim.de).

Audienz bei der Kirchweih-Königin

Wenn es ums Feiern geht, darf beim Immateriellen Kulturerbe Fürth nicht fehlen: Schließlich bittet seit über 900 Jahren die „Königin der Kirchweihen“ zur volksnahen Audienz. Die Michaelis-Kirchweih ist die größte Straßenkirchweih in Süddeutschland und erstreckt sich mit ihren Marktbuden, Imbissständen und Fahrgeschäften von der Fürther Freiheit bis zum Königsplatz. Höhepunkt der Feierlichkeiten ist der Erntedankfestzug durch die gesamte Innenstadt. Tausende Menschen säumen die Straßen, durch die Festwägen, Vereine, Musikkapellen und die Erntekönigin ziehen. Die mit dem Fest verbundenen Bräuche und Rituale – von der Eröffnung unter dem Kirchweihbaum über das „Betz'n austanzen“ bis zur Hochzeitslotterie – werden von einer Vielzahl von Akteur:innen gepflegt und weitergegeben. Zurück geht die Kirchweih auf die Einweihung der Kirche St. Michael im 12. Jahrhundert. Die Michaelis-Kirchweih startet immer am Wochenende nach dem 29. September, dem Tag des Erzengels Michael als Namenspatron der ältesten Pfarrkirche des Ortes (3. bis 15. Oktober 2025, www.tourismus-fuerth.de/michaelis-kirchweih).

Die deutsche Liste des Immateriellen Kulturerbes bietet noch viele weitere Möglichkeiten, um fränkische Tradition und Handwerk zu feiern und zu erleben: vom „Rothenburger Meistertrunk” und der Kinderzeche Dinkelsbühl über den Erhalt der Jurahäuser im Altmühltal bis zum mundgeblasenen gläsernen Christbaumschmuck aus Lauscha. Sie kennenzulernen, lohnt sich immer – denn sie machen Franken traditionell einzigartig (www.frankentourismus.de/unesco-welterbe-franken).

 

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Datum / Zeichen

03. Februar 2025 / 8.761

Hutzeln in Fatschenbrunn

Hutzeln in Fatschenbrunn

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Blaudruck in Wertheim

Blaudruck

Wertheim | Liebliches Taubertal
Friedensfest in Gochsheim

Friedensfest

Gochsheim | Fränkisches Weinland
Gemeinschaftswälder

Gemeinschaftswälder

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Kinderzeche in Dinkelsbühl

Kinderzeche

Dinkelsbühl | Romantisches Franken
Michaelis-Kirchweih in Fürth

Michaelis-Kirchweih

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Osingverlosung im Steigerwald

Osingverlosung

Steigerwald
Jörg Hentschel und Claudia Büttner